Montana

Manchmal kommen die Überraschungen auf uns zu, manchmal muß ich mich anstrengen. In Missoula, Montana, ist es sehr einfach. Die Bodios haben auch hier Freunde und uns per Email vorgestellt. Patricia Gahagan schreibt mir daraufhin und wie können gleich mehrere Überraschungen vorbereiten. Für die lange Busfahrt nach Montana müssen wir uns aufgrund des vielen Gepäcks aufteilen. Malte, Raphael und Svenska fahren voraus, ausgerüstet mit einer Wegbeschreibung, aber ohne Ahnung, wer am Ende des Weges auf sie wartet. Es klappt sehr gut und die Gahagans nehmen sie abends gleich mit auf eine Schulveranstaltung ihres Sohnes Will. Am nächsten Tag holen die 3 uns ab und berichten begeistert von Duschen, Betten und sehr freundlichen Gastgebern.

Später sitzen wir beim Essen und ich frage, woher die Gahagans denn die Bodios kennen. "Wer sind denn die Bodios?" Ich bin baff und muß erstmal nachfragen, wie wir bei ihnen gelandet sind. Diane, eine gute Freundin der Familie, kennt die Bodios und hätte uns auch gerne aufgenommen, aber da Will deutsch lernt, wollte sie ihm diese Möglichkeit nicht vorenthalten! Diane kommt zu einem der allabendlichen B-B-Qs - sehr, sehr lecker - denn kennenlernen möchte sie uns trotzdem.

Die Schüler hatten den Wunsch geäußert nach der Reservatsschule und der Waldorfschule auch mal einen Tag in der öffentlichen Schule verbringen zu können. Eh voila, Lisa Moser, Wills Deutschlehrerin, organisiert alles und ich habe einen Tag Zeit, um Neues vorzubereiten. Die öffentliche Schule ist sehr groß, aber dank des altbekannten Aufteilens in Paare fällt die Anonymität nicht ins Gewicht. Abends sind Lisa, ihr Mann Mark und ihre Tochter Marakesh zum Essen da und lassen sich so langsam für das Wochenende adoptieren. Mark geht mit den Jungs mountainbiken bzw. tags darauf mit allen, am Nachmittag sehen wir uns ein Sprintradrennen in Missoula an, spielen zu Hause Billard und essen immer sehr gut. Patricia ist Köchin und fragt sogar, ob ich einen besonderen Wunsch hätte. Habe ich, auch wenn er sich nach nichts anhört: "Richtige Hamburger!" Sie kann es kaum fassen, glaubt aber meiner Erklärung und beim Essen kommen auch die Ausrufe "..die schmecken ja ganz anders und richtig gut!" Wieder einmal fällt der Abschied sehr schwer. Mark macht noch Fotos mit seiner Großbildkamera und dann geht es los.


Mark und seine Kamera

In Missoula ist auch der Sitz der ACA - American Cycling Association (www.adv-cycling.org). Wer für die USA eine Radtour plant und Ideen braucht, findet hier reichlich Anregung und Kartenmaterial. Wie fahren normalerweise nicht auf den ACA-Routen, aber wenn wir mal kurz auf einer sind, dann treffen wir auf einmal Radfahrer, die teils noch länger unterwegs sind als wir. Im Hauptquartier von ACA geht es sehr freundlich zu. Es gibt einen extra Raum, in dem man Karten studieren und sich Notizen machen kann. Der ACA hat auch schon viele tausende Kilometer asphaltfreie Radwege geschaffen, auf denen Radfahrer mit Erlaubnis der öffentlichen und privaten Besitzer fahren dürfen. Eine dieser Strecken führt entlang der Wasserscheide der Rocky Mountains, die "Great Divide Mountain Bike Route" (GDMBR), und auf diese wollen wir für einige Tage. Endlich ist das Kartenlesen kein Selbstgänger mehr, weil es sowieso kaum Straßen gibt. Hier gibt es viele Waldwege und man muß sehr gut aufpassen und ohne Kilometerzähler geht es manchmal kaum. Meine Geduld stärke ich dadurch, daß ich erst gar nicht auf die Karte sehe - dann kann ich auch nicht helfen.


Wo simmer denn?

Die Landschaft ist sehr schön, teilweise wie in den Filmen "Der Pferdepflüsterer" und "In der Mitte entspringt ein Fluß". Immer wieder überqueren wir Bachläufe und finden an einem besonders schönen auch unseren Lagerplatz. Hier dürfen wir auch wieder Feuter machen und Svenska macht wieder einmal reichlich Teig für Aschekuchen und Stocbrot. Leider werden hier aber auch viele Bäume in Monokultur angepflanzt. Den Mücken ist es egal, sie freuen sich über uns. Diese bestechende Liebe können wir nicht erwidern und als nach zwei Tagen plötzlich eine Straße vor uns auftaucht, sind alle dem Kartenleser dankbar für seinen Fehler. Die Verlockung ist zu groß und ich widersetze mich nicht - da könnte man doch stattdessen den Glacier National Park einbauen. Daniel, Svenska Bruder und Teilnehmer der Prinzenfahrt, wird ab Juli die gesamte Strecke der GDMBR von der kanadischen Grenze bis nach Mexiko fahren. Zu dem Zeitpunkt befindet sich die Dürre, die gerade in New Mexico wütet, in Colorado und Montana und er hat praktisch keinen Mückenprobleme. Im Herbst gibt es eh weniger Mücken und ich merke mir die Gegend und Strecke als Teil einer möglichen, neuen Route.


Respekt!

Eine Woche vor unserer Ankunft ist im Glacier NP der letzte Schnee gefallen. Die Jungs können also nicht als Herausforderung über den Logan Pass fahren, aber sie setzen sich ein anderes Ziel: "Glacier heißt doch Gletscher, dann müssen wir auch einen sehen." Zusammen wandern wir los und lesen in aller Ruhe die Verhaltensregeln im Park durch. Alle haben ihre Trillerpfeifen dabei und benutzen sie auch. Es ist ja sehr schön Bären zu sehen, aber wir haben auch gewisse Berührungsängste. Die Mädchen fallen schnell zuück, ich begleite die Jungs noch, bis es richtig in den Schnee geht. Ihre Technik ist in Ordnung, sollen sie mal richtig was schaffen. Für die Mädchen ist die Fahrt körperlich eine größere Herausforderung und die Jungs müssen außerhalb der normalen Fahrtage ihre Grenzen testen. Am Abend sind alle begeistert von der Tageswanderung.

Damit rückt Kanada immer näher und Julia entfacht das Weltmeisterschaftsfieber, weil sie laut darüber nachdenkt, wie schön es wäre, Fußballspiele im Fernseh zu sehen. Auf uns wartet aber auch der Kettle Valley Railway, 800km ehemalige Bahnlinie, heute Schotter und Sand......

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